Demokratie in Deutschland 2011
Vorwort und Einleitung von Dr. Peter Struck
"Demokratie braucht Demokraten" – mit diesen prägnanten Worten brachte Friedrich Ebert auf den Punkt, dass Demokratie zu ihrer Sicherung und Fortentwicklung des überzeugten Engagements und des Vertrauens ihrer Bürgerinnen und Bürger bedarf. Demokratie lebt von der Identifikation der Bevölkerungen mit den Werten, Institutionen und Verfahren unseres demokratischen Systems. Sie wird nur dann bestehen können, wenn alle sich am politischen Leben beteiligen, sich dabei aber auch hinreichend gehört, ernst genommen sowie repräsentiert fühlen und erfahren, dass die wesentlichen gesellschaftlichen Probleme fair und gerecht gelöst werden. Eine solche Erfahrung wird heutzutage nicht mehr ohne Weiteres von allen Menschen geteilt.
Vielmehr sieht sich die deutsche Demokratie mit vielfältigen Krisensymptomen konfrontiert: Die sinkende Wahlbeteiligung, die nachlassende Bereitschaft zu klassischem politischen Engagement, der Mitgliederschwund der Volksparteien, der zu beobachtende Vertrauensverlust in die Problemlösungskompetenzen der Politik etc. sind Indikatoren für eine schleichende Ermüdung der Demokratie. Zugleich erleben wir, dass sich eine wachsende Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern für konkrete Anliegen engagieren möchte und mehr Partizipation einfordert. Diese Befunde und die damit verbundenen Einschätzungen des Zustands unserer Demokratie müssen vor dem Hintergrund der Frage diskutiert werden, ob es sich hier lediglich um einen Formwandel der Demokratie oder nicht vielmehr um einen demokratischen Substanzverlust handelt.
Mit dem Report "Demokratie in Deutschland 2011" möchte die Friedrich-Ebert-Stiftung einen Beitrag zur Demokratiedebatte leisten. Wir haben führende Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gebeten, in neun zentralen Themenbereichen darzustellen, wie es um die Leistungs- und Gestaltungsfähigkeit der deutschen Demokratie bestellt ist, welchen Gefährdungen sie ausgesetzt ist, und welche Anstrengungen zur Stärkung und Belebung der Demokratie unternommen werden sollen. Die zentralen Ergebnisse dieser Analysen haben wir in dem vorliegenden PolicyPaper zusammengetragen, mit dem Anliegen, dem Nachdenken und Debattieren über Demokratie und Demokratiedefizite eine solide Grundlage zu geben. Wir möchten Sie herzlich einladen und ermutigen, sich engagiert und leidenschaftlich an dieser Debatte zu beteiligen. Unsere Politische Akademie wird mit einem Demokratiekongress in Berlin am 29./30. Juni 2011 hierzu ein Forum geben.
Dr. Peter Struck
Vorsitzender der Friedrich-Ebert-Stiftung